Mangelernährung

Im höheren Alter essen und trinken viele Menschen zu wenig. Bei einem starken Appetitverlust und einer unbeabsichtigten Gewichtsreduktion ist es besonders wichtig, schnell zu handeln. Es kommt sonst zu einer raschen Verschlechterung des Gesundheitszustandes.

Hier finden Senior*innen und Fachkräfte Informationen und Anregungen zu den Themen

  • Durch welche Faktoren entsteht eine Mangelernährung?
  • Welche Folgen hat sie?
  • Und wie kann sie therapiert werden?

Formen der Mangelernährung

Eine Mangelernährung (Malnutrition) zeichnet sich in den meisten Fällen durch ein gleichzeitiges Defizit an Energie, Proteinen und anderen Nährstoffen aus.

Es werden zwei Arten der Mangelernährung unterschieden:

Quantitative Mangel- bzw. Unterernährung
Bei dieser Form erhält der Körper über längere Zeit weniger Energie als benötigt. Anzeichen sind eine ungewollte Gewichtsabnahme von > 5 % des Körpergewichts in 3 Monaten (> 10 % des Körpergewichts 6 Monaten) sowie ein Body Mass Index (BMI) < 20 kg/m² für Menschen über 65 Jahre.

Qualitative Mangel- oder Fehlernährung
Bei dieser Form erhält der Körper weniger Proteine und/oder andere lebensnotwendige Nährstoffe (z.B. Vitamine, Mengen- oder Spurenelemente) als benötigt. Auch ein übergewichtiger Mensch kann von einer qualitativen Mangel- oder Fehlernährung betroffen sein.

Jüngere Senior*innen leiden tendenziell an einer qualitativen Mangelernährung mit Übergewicht. Eine qualitative Mangelernährung zeigt sich oft erst im hohen Alter.

Der BMI (kg /m²) ist ein Maß zur Klassifizierung des Körpergewichts in Unter-, Normal- und Übergewicht. Er berechnet sich aus dem Körpergewicht [kg] dividiert durch das Quadrat der Körpergröße [m²].

Der nutritionDay ist die bisher größte, weltweite Untersuchung zur Ernährungssituation in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Ziel ist, die Aufmerksamkeit für Mangelernährung bei Patient*innen und alten Menschen zu erhöhen. Die Ergebnisse werden in den DGE-Ernährungsberichten veröffentlicht.

Ursachen einer Mangelernährung

Grundsätzlich kann eine Mangelernährung in jeder Lebensphase auftreten. Das Risiko wird jedoch durch Krankheiten und körperliche Veränderungen erhöht, weshalb besonders ältere Menschen ab 65 Jahre betroffen sind. Die Ursachen für Mangelernährung im Alter sind vielfältig: Appetitlosigkeit infolge altersbedingter körperlicher Veränderungen fördern die Entstehung einer Mangelernährung, ebenso Nebenwirkungen von Medikamenten oder ein persönlicher Schicksalsschlag.

Weitere Faktoren sind u.a.

  • Kau- und Schluckstörungen
  • nachlassende Sinneswahrnehmungen
  • Dehydratation (Flüssigkeitsmangel)
  • Verdauungsprobleme (Maldigestion)
  • Einnahme von Medikamenten (z.B. durch Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit oder Einfluss auf den Geschmacks- und Geruchssinn)
  • schlechter Gesundheitszustand
  • einseitige Ernährungsweise
  • individuelle Faktoren (Armut, Einsamkeit, Trauer, Depressionen)

Vor allem eine Kombination dieser Faktoren begünstigt eine Mangelernährung.

Vernetzungsstelle Seniorenernährung Niedersachsen (DGE-Sektion)

Folgen einer Mangelernährung

Eine Mangelernährung äußert sich sehr unterschiedlich. Je nach Nährstoffmangel können verschiedene Bereiche des Organismus von Funktionsstörungen betroffen sein. Bei mangelernährten Senior*innen besteht ein erhöhtes Risiko für Krankheiten, beispielsweise Sarkopenie (Verlust an Muskelmasse) und Gebrechlichkeit (Frailty).

Mögliche Folgen einer Mangelernährung sind

  • allgemeine Schwäche
  • Mobilitätsverluste
  • erhöhtes Sturzrisiko
  • neurologische Störungen
  • gestörte Wundheilung
  • längere Liegezeiten
  • erhöhtes Sterblichkeitsrisiko
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Mangelernährung frühzeitig erkennen

Eine Mangelernährung führt zu gesundheitlichen Einschränkungen und muss ernährungstherapeutisch behandelt werden. Daher ist es wichtig, sie schon frühzeitig zu erkennen oder bestenfalls von vornherein zu vermeiden. Es sollte schnellstmöglich gehandelt werden, wenn ein starker Appetitmangel oder ein ungewollter Gewichtsverlust zu beobachten ist.

Als Pflegekraft oder Vertrauensperson sollten Sie bei folgenden Anzeichen aufmerksam werden:

  • Mahlzeiten und/oder Getränke werden abgelehnt, oder es wird nur ein kleiner Teil aufgenommen.
  • Es wird von Appetitlosigkeit berichtet oder davon, dass das Essen nicht schmeckt.
  • Die Kleidung sitzt lockerer, Gürtel werden enger gestellt, Schmuck sitzt locker oder geht verloren.
  • Es wird von Beschwerden berichtet, die die Nahrungsaufnahme erschweren.

Zu Beginn von Pflegemaßnahmen sowie bei erheblichen Veränderungen wie starkem Gewichtsverlust sollte bei älteren Menschen ein Screening und bei Bedarf ein Assessment erfolgen, um Risiken und Anzeichen einer Mangelernährung zu ermitteln und entsprechend gegenzusteuern.

Ein Screening sollte sowohl im ambulanten Bereich als auch in stationären Senioreneinrichtungen systematisch und routinemäßig mittels validierter Screening-Instrumente durchgeführt werden. Bei auffälligen Screening-Ergebnissen wird eine weitere, tiefergehende Erfassung des Ernährungszustands (Assessment) notwendig. Dafür werden eine Essbiografie sowie Ess- und Trinkprotokolle ausgewertet. Auf Grundlage der Assessment-Ergebnisse werden die Behandlungsziele festgelegt und ein umfassendes individuelles Ernährungskonzept erarbeitet. Zudem werden weitere Fachkräfte aus der Medizin, Diätassistenz und Logopädie einbezogen, individuelle Ursachen ermittelt und bei Bedarf weitere Untersuchungen vorgenommen.

Beim Screening zur Mangelernährung werden die Personen identifiziert, die vermutlich mangelernährt sind oder bei denen ein hohes Risiko für eine krankheitsspezifische Mangelernährung besteht. Die Screening-Ergebnisse geben Aufschluss darüber, ob weitere Untersuchungen wie ein detailliertes Ernährungs-Assessment anzuraten ist. Um das Risiko einer möglichen Mangelernährung frühzeitig erkennen zu können, sollte der schnelle und einfache Prozess des Mangelernährungs-Screenings zu Beginn von Pflegemaßnahmen, bei der Aufnahme in stationäre Senioreneinrichtungen sowie bei einer akuten Erkrankung oder einem starken Gewichtsverlust erfolgen.

Das Ernährungs-Assessment folgt auf das Mangelernährungs-Screening. Es basiert auf der Ermittlung der individuellen Krankengeschichte, der aktuellen Medikation, einer Ernährungsanamnese sowie körperlichen Untersuchungen und weiteren Laborwerten der*des Betroffenen. Aus dem Ergebnis dieses Screenings lassen sich weitere Maßnahmen ableiten. Es ist die Grundlage für die individuelle Gestaltung weiterer Ernährungsinterventionen.

Mini Nutritional Assessment (MNA)
Das MNA ist speziell bei älteren Personen das derzeit gängigste Instrument, um eine Mangelernährung zu erfassen. Mit Hilfe von standardisierten Fragenbögen werden Informationen zu Appetit, Gewichtsverlauf, Mobilität, Krankheit oder Stress, psychischer Verfassung sowie BMI erfasst.

Subjective Global Assessment (SGA)
Mit der in diesem Screening-Verfahren verwendeten Checkliste wird der Zustand des*der zu Untersuchenden subjektiv eingeschätzt. Grundlage ist ein Fragenkatalog, den die*der Ärzt*in zusammen mit dem*der Senior*in bearbeitet (Anamnese). Zudem wird mit weiteren klinischen Untersuchungen der Ernährungszustand festgestellt. Dieses Verfahren ist eine schnelle und kostengünstige Möglichkeit, den Ernährungszustand eines Erwachsenen im ambulanten oder stationären Bereich zu erfassen.

Ernährungstherapeutisches Vorgehen

Liegt eine Mangelernährung vor, benötigen viele Betroffene professionelle Unterstützung durch Ernährungs- und/oder Pflegekräfte. Alle zu treffenden Maßnahmen sollten das Ziel verfolgen, Energie- und Nährstoffdefizite auszugleichen und allmählich wieder eine bedarfsgerechte Nährstoffzufuhr zu gewährleisten. Dabei ist es wichtig, die individuellen Bedürfnisse der Senior*innen zu berücksichtigen.

Die ernährungstherapeutische Behandlung einer Mangelernährung folgt zumeist einem Stufenplan. Dieser gliedert sich in

  1. orale Ernährung
  2. orale Ernährung plus Nährstoffkonzentrate
  3. enterale Ernährung
  4. parenterale Ernährung.

Bei oraler Ernährung nimmt die*der Senior*in die Nahrung wie gewohnt über den Mund auf. Um eine Mangelernährung zu vermeiden oder zu behandeln, spielt neben einer angenehmen Atmosphäre und dem Essensumfeld vor allem die Lebensmittelauswahl eine Rolle. Es eignen sich besonders Lebensmittel, die energie- und nährstoffreich sind.

Es können Speisen oder einzelne Komponenten gezielt mit energiereichen Lebensmitteln angereichert werden, die gleichzeitig viele Nährstoffe enthalten:

  • hochwertige Pflanzenöle oder Margarine
  • gemahlene Nüsse und Samen, z.B. als Mus
  • Milchprodukte wie Sahne, Crème fraîche oder Butter

Bieten Sie energiereiche Speise und Getränke über den Tag verteilt an – zu den Mahlzeiten oder zwischendurch. Dabei bieten sich besonders kleine Portionshappen in Form von Fingerfood oder Milchshake bzw. Smoothie an.

Kann keine ausreichende Nährstoffversorgung über die Ernährung sichergestellt werden, dann können Speisen mit Nährstoffkonzentraten ergänzt werden. Dabei kann es sich um Eiweißkonzentrate und/oder Vitamin- und Mineralstoffsupplemente handeln. Zudem können speziell angereicherte Lebensmittel und/oder Trinknahrungen eingesetzt werden. Alle Maßnahmen sollten mit dem*der Ärzt*in im Vorfeld abgestimmt und kontinuierlich kontrolliert werden.

Kann eine Mangelernährung nicht durch orale Ernährungsmaßnahmen therapiert werden, wird eine enterale Ernährung notwendig. Über eine Sonde gelangt die Nahrung direkt in den Magen-Darm-Trakt. Oft werden orale und enterale Ernährung kombiniert. So kann der oder die Betroffene weiter an den gewohnten Mahlzeiten teilnehmen.

Führen eine orale und enterale Ernährung nicht zum gewünschten Erfolg, ist die letzte Stufe die sogenannte parenterale Ernährung. Dabei gelangt eine Nährstofflösung über intravenöse Infusionen direkt in die Blutbahn.

Podcast “Zu Tisch, bitte!”

So richtig gerne denken wir nicht darüber nach, dass wir vielleicht Tage oder Wochen im Krankenhaus verbringen könnten. Wenn das aber doch der Fall sein sollte, dann wünschen wir uns eine gute Verpflegung – abgestimmt auf unsere persönlichen Bedürfnisse und eine, die uns bei der Gesundwerdung unterstützt.

Wir wissen aber, dass der Kostendruck auf Krankenhäuser hoch ist und viele Aufgaben auf wenig Personal treffen. Was heißt das für die Verpflegung in den Krankenhäusern? Wie ist aktuelle Lage und was brauchen wir, damit es optimaler klappen kann?

Hör rein – wir freuen uns auf dich!

  • Informationen und Empfehlungen zur enteralen und parenteralen Ernährung mit den aktuellen Leitlinien sind bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) zu finden.
  • Wie die Ursachen einer Mangelernährung strukturiert und gewichtet werden, zeigt das Modell „Determinations of Malnutrition in Aged Persons (DoMAP)“. Professorin Dorothee Volkert erklärt in einem Interview in der Fachzeitschrift Ernährungsumschau die Inhalte des Modells (Ausgabe 09/2020, Seiten M530 bis M535).
  • Im neuen Leitfaden zur Ernährungstherapie in Klinik und Praxis (LEKuP) finden Sie weitere Informationen zu einer gesundheitsfördernden Ernährung sowie zu ernährungstherapeutischer Kost und Mangelernährung.
  • Für die Verpflegung in Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken gibt es einen gesonderten DGE-Qualitätsstandard, den Sie hier abrufen können. Zudem finden Sie hier eine Rezeptdatenbank und Speisepläne für vier Wochen.
  • Ein kompaktes Interview zum Thema “Außer-Haus-Verpflegung und Mangelernährung” mit Esther Schnur, Stellvertretende Leitung im Referat Gemeinschaftsverpflegung und Qualitätssicherung der DGE, ist im DGE-Blog nachzulesen.

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