Vernetzungsstelle Seniorenernährung Niedersachsen

Nachbericht zum Online-Fachtag “Wenn Zellen altern und zunehmend schwinden”

Die Vernetzungsstellen Seniorenernährung Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen veranstalteten am 25.09.2023 einen Online-Fachtag „Wenn Zellen altern und zunehmend schwinden“. Dabei wurde mit 86 Teilnehmenden die Rolle der Ernährung bei (neuro-) degenerativen Erkrankungen betrachtet.

Bedürfnisgerechte Ernährung bei Demenz | Sophie Pekrun | VNS SH

„Das Leben und der Umgang mit Demenz ist eine der größten Herausforderungen für unsere Gesellschaft. Heilungschancen werden zeitnah nicht gesehen, und dennoch gibt es Hoffnung: Durch gezielte Maßnahmen kann die Entstehung und der Verlauf der Krankheit positiv beeinflusst werden. Zu nennen sind u. a. ein beziehungsvoller Umgang als auch spezielle Ernährungsfaktoren“ weiß Sophie Pekrun, Projektmitarbeiterin der Vernetzungsstelle Schleswig-Holstein. Fingerfood und Hilfsmittel können bei abnehmenden Alltagsfähigkeiten Erleichterung bringen. Die Speisen sollten energie- und / oder nährstoffreich – um das Risiko einer Mangelernährung zu minimieren – in kleinen Portionen über den Tag verteilt angeboten werden und Vorlieben berücksichtigen (Essbiografie).

Empfohlene Materialien: Broschüre der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. „Essen und Trinken bei Demenz“ und der Kurzfilm „Hilfsmittel für mehr Freude beim Essen und Trinken“.

Bewegung bei Demenz – mit bewegter Pause | Isabelle Scholz | LSB TH

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat zusammen mit der Deutschen Alzheimer Gesellschaft 2020 das Projekt „Sport bewegt Menschen mit Demenz“ initiiert. Übungsleiter*innen werden geschult für spezielle Sportangebote, die mit Begrüßungsritualen, Herz-Kreislauftraining, Kräftigungsübungen, Übungen für Beweglichkeit, Gleichgewichtssinn, Koordination, Reaktionsfähigkeit und Dual-Task sowie Entspannungseinheiten auf die Bedürfnisse der an Demenz Erkrankten ausgerichtet sind. Sport verbessert die Durchblutung des Gehirns sowie die kognitive Leistungsfähigkeit. Synapsen zwischen den Neuronen verstärken sich und Depressionssymptome verringern sich. Außerdem sinken das Infarktrisiko (20 %), die Sterblichkeitsrate und das Risiko für Stürze. Nach dem Theorieteil hat Frau Scholz einen Alltags-Fitness-Test mit sechs Übungen als bewegte Pause durchgeführt.

Kardiovaskuläres Kontinuum – Arthritis und Arthrose | Dr. Bettina Jagemann

Die Häufigkeit sowohl der Arteriosklerose [1] (Verengung der Blutgefäße durch Ablagerungen), als auch der Arthrose (Verschleiß der Gelenke durch Abnutzung der Knorpel) und Arthritis (Abnutzungserscheinungen mit zusätzlicher Entzündung) nehmen mit steigendem Alter zu. Auch Ernährung, Lebensstil und Umweltbedingungen haben Einfluss auf die entzündlichen Prozesse. Insbesondere Fettzellen und das Mikrobiom spielen an dieser Stelle eine Rolle. Es gibt Ernährungsmuster, die als antientzündlich gelten, z. B. die mediterrane Ernährungsform. Die Empfehlungen der DGE sind eine gute Orientierungshilfe. Regionale und saisonale Lebensmittel, v. a. Hülsenfrüchte, Gemüse, Nüsse, Ölsaaten und Vollkornprodukte, enthalten viele anti-inflammatorische (entzündungshemmende) Inhaltsstoffe.

Relevanz der Ernährung bei Parkinson | Dr. Julienne Haas | Uniklinikum SH

Die entzündlichen Prozesse der Parkinson-Erkrankung werden durch hochverarbeitete Lebensmittel mit hohem Zuckeranteil und ungünstigen Fetten befördert. Ernährungsweisen, wie die mediterrane Ernährung, können vorbeugend wirken und den Verlauf verlangsamen. Dabei spielen sowohl Omega-3-Fettsäuren (in fettem Fisch, Walnüssen und Leinsamen enthalten) als auch Polyphenole (in Olivenöl und Beeren) eine Rolle. Auch eine ketogene Ernährung (geringer Anteil an Kohlehydraten) wirkt sich günstig auf den Verlauf aus, ist aber schwer langfristig umsetzbar. Da es auch bei der Parkinsonerkrankung zu Mangelernährung kommen kann, ist auf eine ausreichende Energie- und Nährstoffzufuhr zu achten. Dem Symptom der Verstopfung kann mit ballaststoffreichen Lebensmitteln, ausreichender Flüssigkeitszufuhr und Bewegung entgegengewirkt werden.

Diskussion und Abschluss

Fragen wurden im Chat gestellt und direkt beantwortet. In den Vorträgen wurde Fachwissen anschaulich vermittelt und viele in der Praxis anwendbare Tipps zum Thema Essen und Trinken gegeben. Über die Zusammenstellung der Vorträge und weitere informative Links können die Informationen auch im Nachhinein von den Teilnehmenden eingesehen und bundesländerübergreifend Vernetzungen entstehen sowie Angebote für Information und Beratung eingeholt werden. Die Teilnehmenden setzten sich zusammen aus den Bereichen: Senioreneinrichtung (Küche, Hauswirtschaft, Pflege), Catering, Sozial- und Pflegedienst sowie Bildung, Erziehung und Wissenschaft. Die Rückmeldungen der Teilnehmenden waren durchweg positiv.

[1] Anm.: Arteriosklerose ist ein Faktor des Kardiovaskulären Kontinuums, an dessen Ende eine chronische Herzinsuffizienz steht.


Hintergrund

Die Aktionen am Tag der Seniorenernährung richten sich sowohl an ältere Menschen und deren Angehörige als auch an Fachkräfte aus Pflege, Küche, Service, Betreuung und Hauswirtschaft. Verpflegungsverantwortliche und Träger von Senioreneinrichtungen, Anbietende von „Essen auf Rädern“, ambulante Dienste und Kommunen sind ebenfalls angesprochen.

Dabei steht die Förderung einer genussvollen, bedarfs- und bedürfnisgerechten sowie nachhaltigen Ernährung und Verpflegung älterer Menschen im Vordergrund. Die flächendeckende Anwendung des „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung mit Essen auf Rädern und in Senioreneinrichtungen“ soll die Qualität verbessern. Grundvoraussetzung dafür ist, die Kompetenz rund um die Bedeutung der Ernährung im Alter bei Verpflegungsverantwortlichen, ebenso bei Senior*innen, die sich zu Hause oder in ambulanten Wohngemeinschaften selbst versorgen oder dort von Angehörigen betreut werden, zu erhöhen.

Die Vernetzungsstellen Seniorenernährung und vergleichbare Institutionen werden durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie jeweils durch Landesmittel finanziell gefördert.